Bad Rothenfelde "Lichtsicht" – 3. Biennale für Projektionskunst
Leuchtende Bilderwelten
Vom 1. Oktober bis 8. Januar 2012 fand zum dritten Mal die Projektions-Biennale unter der künstlerischen Leitung von Prof. Dr. Manfred Schneckenburger statt. Dank modernster Technologie und 46 lichtstarken Beamern können die tropfnassen, salzig verkrusteten Schwarzdornwände ansatzfrei bespielt werden. Bespielt werden ca. 11.000 Quadratmeter Breitwandformate, zwei Teiche und das Kurmittelhaus.
Umfang der Projektionen
– 3 Projektionen auf 312 m Breite im Wechsel (AES +F, Gamsjäger, Také)
– 1 Projektion von 113 m Breite (Urbanscreen)
– 1 Projektion von ca. 100 m Breite (Sandmann)
– 2 Projektionen von 86 m Breite im Wechsel (Mioon, Vassileva)
– 2 Projektion von 12,20 m Breite (Landau, Obermaier)
– 1 Projektion auf einen Pickup im Teich (Wissmann)
– 1 Projektion auf einen Springbrunnen im Teich (Také)
– 1 Projektion auf das Kurmittelhaus (Obermaier)
Künstler
– AES +F (Russland)
– Rainer Gamsjäger (Österreich)
– Sigalit Landau (Israel)
– Mioon (Südkorea)
– Klaus Obermaier (Österreich)
– Sigrid Sandmann (Deutschland)
– Kanjo Také (Japan/Deutschland)
– Urbanscreen (Deutschland)
– Mariana Vassileva (Bulgarien)
– Claudia Wissmann (Deutschland)
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Zu den einzelnen Künstlerinnen und Künstlern (nach Projektionsorten)
Neues Gradierwerk (nordöstliche Wand)
Die russische Künstlergruppe AES+F zeigt über 312 Meter den animierten Bilderbogen einer Gesellschaft, die sich im gepflegten Müsiggang und den opulenten Vergnügungen einer dekadenten Spätzeit ergeht. Anregung und Titel („The Feast of Trimalchio“, 2009) stammen von dem römischen Satiriker Petronius.
Der österreichische Medienkünstler Rainer Gamsjäger füllt das 312 Meter breite Projektionsformat mit einer Strömung aus Wellengang und horizontaler Festigung („State of Flux – Wave#1, Wave#2, Wave#3“, 2011). So geht es ihm bei seiner Videoinstallation in erster Linie um einen bestimmten Zustand zwischen freiem Fluss und digitalem Eingriff.
In gleicher Breite entwickelt der Deutschjapaner Kanjo Také die Entstehung des Universums aus Archetypen von Wachstum und Konstruktion („Invision – Baustelle Galaxis“, 2011). Das Ur-Weltenei und Gerätschaften vereinen sich in kosmischer Anmutung.
Neues Gradierwerk (südwestliche Wand)
Das südkoreanische Künstlerpaar Mioon entwirft mit der Reihung und Schichtung stilisierter Zimmerfluchten ein Großstadtleben, das anonymes, monotones und isoliertes Dasein in Kommunikation, Kontakte und individuelle Aktion übergehen lässt („With or Without You“, 2011).
Sonnenstrahlen werden mit Hilfe von Spiegeln auf die Linsen einer Videokamera gelenkt und lösen blitzende Lichtspektakel aus. Positionierung und Reihenfolge ergeben Morsezeichen, die sich als Botschaft lesen lassen (Mariana Vassileva, „Reflections 11“, 2011).
„YouShape“ (2011) ist eine interaktive Arbeit von Klaus Obermaier, die Gesichtszüge von Passanten in extremer Verfremdung auf einen Wandabschnitt des Neuen Gradierwerks projiziert.
In eine schwimmende Spirale aus 500 Melonen gespannt, streckt sich die israelische Künstlerin Sigalit Landau auf der Oberfläche des stark salzhaltigen Toten Meeres längs der Rundung. Ein Arm greift nach einigen tief rot aufgeschnittenen Melonenhälften. Langsam rollt sich die Spirale, zusammen mit dem Körper, gegenläufig ab (Sigalit Landau, „Dead Sea“, 2005).
Kurteiche
Hinter dem Gradierwerk ereignete sich scheinbar ein Unfall: Der Pickup steckt mit der Motorhaube voraus im Teich. Auf der Windschutzscheibe spielt sich eine Sequenz aus einem Fernsehkrimi ab: angsterfüllte Menschen im Kampf gegen das steigende Wasser. Handfeste Realität und mediale Fiktion, Katastrophe und Abendunterhaltung, Schock und Konsum durchdringen sich (Claudia Wissmann, „Prime Time“, 2011).
In einer weiteren Arbeit von Kanjo Také fliegt, am Ende des Gradierwerks, als japanische Antwort auf den amerikanischen Superman, eine Manga-Heldin durch die Fontäne („Manga“, 2011).
Altes Gradierwerk
Urbanscreen, ein Team aus 3-D-Designern, Architekten und Künstlern, konzipiert in „Die Kohärenz der Zustände“ (2011) ein digital generiertes, dramatisch bewegtes Wellenornament. Es zeigt kein gefilmtes Meer, sondern einen Partikelstrom aus unterschiedlich großen, runden und kubischen Elementen. Ein suggestiver Mix hochartifizieller Meernatur.
Sigrid Sandmann bedeckt den Projektionskörper mit Begriffen aus dem Umfeld von „Salz“. Aus typografisch gesetzten Wörtern baut sich in ihrer Diaprojektion eine perspektivisch gestraffte, kubisch gegliederte Architektur auf, die für die Wandmaße des Alten Gradierwerks geschaffen wurde („Ursprung“, 2011).
Kurmittelhaus
Durch Bewegungen und Gebärden der Betrachter beginnt die Fassade des Kurmittelhauses zu tanzen, zerbröselt ruinös und löst sich u.a. in Lichtgarben auf („Dancing House“, 2011). Darüber hinaus inszeniert Klaus Obermaier einmalig am 1. Oktober um 20.30 Uhr die interaktive multimediale Eröffnungs-Performance „The concept of … (here and now)“.
Via: www.lichtsicht-biennale.de