Aus für Werbe-Ikone bei Hardbrücke

Von Martin Huber

Via Tagesanzeiger, 25. März 2010

Die markante Weltkugel auf dem Dach des Kuoni-Hauptsitzes fiel dem Facelifting des Reisekonzerns zum Opfer. Wegen der neuen Reklame gerieten sich Kuoni und die Stadt in die Haare.
So sah es bis vor kurzem aus: Der blauweisse Globus thronte auf dem Dach des Kuoni-Hauptsitzes an der Neuen Hard. Sie war eine weithin sichtbare Landmarke und Tausenden von Autofahrern und Zugpassagieren ein Begriff: die blauweisse Weltkugel auf dem Dach des Kuoni-Hauptsitzes bei der Hardbrücke. 2003 war der tonnenschwere Globus per Helikopter montiert worden, seither thronte er auf dem Dach des Bürogebäudes im Kreis 5, wo er sich um die eigene Achse drehte. Mit stolzen fünf Metern Durchmesser zählte er zu den grössten Werbekugeln der Schweiz.
Doch kürzlich wurde die Kugel still und leise abmontiert, per Pneukran. Das bestätigt Kuoni-Sprecher Peter Brun. Das Management des Reisekonzerns hatte 2008 eine komplette Erneuerung des weltweiten Markenauftritts beschlossen. Und darin hatte die Weltkugel, seit den Fünfzigerjahren Bestandteil des Logos, keinen Platz mehr. «Die Kugel war ein sehr schweizerisches Logo und spielte in andern Märkten keine Rolle», sagt Brun. Kuoni sei international tätig und generiere nur 20 Prozent des Umsatzes in der Schweiz. Zudem beurteilten Markenexperten das Image der Weltkugel als eher altbacken. Brun zieht den Vergleich zum früheren Pan-Am-Logo.

Rote Kugel fand keine Gnade

Anstelle der Kugel prangt nun an der Fassade eine rote Leuchtreklame der Kuoni-Marke Helvetic Tours. Der Ersatz der Reklame ging nicht ohne Nebengeräusche über die Bühne. Das Bewilligungsverfahren zog sich in die Länge, wie die «Bilanz» berichtete. Grund: Die Stadt Zürich widersetzte sich den ursprünglichen Plänen des Reisekonzerns für die neue Dachgestaltung. «Unser Vorschlag, die Weltkugel rot zu bemalen und mit «Helvetic-Tours» zu beschriften, lehnte die Stadt ab», bestätigt Brun.
«Eine solch rote Kugel wäre kein Globus mehr gewesen», begründet Bernard Liechti, Leiter Reklamebewilligungen im Hochbaudepartement, den Entscheid. Die ursprüngliche Idee der Weltkugel und der direkte Zusammenhang mit dem Kuoni-Gebäude wären verloren gegangen. Ausserdem hätte eine rote Kugel «keine befriedigende Gesamtwirkung erzielt», sie wäre nach Ansicht der Stadt zu grell und auffällig gewesen. Kuoni musste nochmals über die Bücher und einigte sich schliesslich mit der Stadt auf die jetzige Lösung mit der Reklame an der Fassade. «Wir sind mit dem Kompromiss zufrieden», sagt Brun. Immerhin habe die Firma dafür einen zusätzlichen Schriftzug am Gebäude anbringen dürfen.

Diskussionen über Rettung

Von Pedanterie will Liechti nichts wissen. Aus Rücksicht auf den Schutz des Stadtbildes müsse grossformatige Werbung auf Dächern stets sehr genau auf ihre Wirkung geprüft werden.
Stadtintern gab es Diskussionen, wie die blauweisse Kuoni-Kugel gerettet werden könnte. Beim Amt für Städtebau hätte man sie laut Liechti gerne behalten, da es sich um eine aussergewöhnliche Reklame handelte, die zum Stadtbild gehörte und eine gewisse Identität stiftete. Er vergleicht die Kuoni-Kugel mit der Leuchtreklame am Ober-Gebäude bei der Sihlbrücke und den Schokolade-Reklamen am Central, die ebenfalls vielen ans Herz gewachsen seien. Ob die Weltkugel allerdings heute nochmals bewilligt würde, sei eine andere Frage, sagt Liechti. Bei Dachwerbung ist die Stadt sehr zurückhaltend, vor allem bei Hochhäusern. Dies bekam 2006 auch Sunrise zu spüren, als es um die Beschriftung der Bürotürme in Zürich-Nord ging. Erst nach zähen Verhandlungen kam es zu einer Einigung.

Vom Dach in die Scheune

Piero Schäfer, langjähriger Sprecher des Verbandes Schweizer Werbung, sieht in der Kuoni-Kugel eine Ikone der Werbung in Zürich, die bestens zum Reiseunternehmen gepasst habe. Doch er zeigt auch Verständnis für die Firma Kuoni, die sich für eine Erneuerung entschieden habe. Logos entsprächen stets einem gewissen Zeitgeist. Irgendwann könne das Design auch verstaubt wirken und gehöre ins Museum. Zudem hätten viele Weltfirmen ihre Logos im Lauf der Jahre immer wieder verändert.
Und wo ist die Kuoni-Kugel jetzt? Laut Peter Brun befindet sie sich im Besitz eines Mitglieds der Gründerfamilie Kuoni. Diese Person lagere das Erinnerungsstück derzeit in einer Scheune im Kanton Graubünden.

Welche Werbung überlebt in Zürich?

Viele Werbe-Ikonen sind verschwunden, einige haben überlebt. Eine Spurensuche in Bildern. von Jan Derrer. Online unter: http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/Welche-Werbung-ueberlebt-in-Zuerich/story/31263343